Freitag, Oktober 05, 2007

Und wieder einmal: Beweis der HWS-Verletzung

Ein schier endloses Thema stellt mittlerweile der Beweis eines erlittenen HWS-Traumas dar. Gerade bei Auffahrunfällen stellt dieses nämlich sicherlich die häufigste Verletzungsart dar. Ein Beweis fällt den Verletzten jedoch regelmäßig schwer. Im einzelnen:

Wer behauptet, eine HWS-Verletzung erlitten zu haben, muss diese Behauptung beweisen. Beweismaßstab ist dabei § 286 ZPO. Er muss also mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit nachweisen, dass eine körperliche Befindlichkeitsbeeinträchtigung eingetreten ist (aus juristischer Sicht ist die Befindlichkeitsbeeinträchtigung die Körperverletzung, nicht deren Ursache, vgl. BGH VersR 94, 55). Eine rein psychische Befindlichkeitsbeeinträchtigung ist nur dann ausreichend, wenn sie ihrerseits Krankheitswert hat. Wie aber will ich eine Verletzung nachweisen, die sich in den seltensten Fällen durch Röntgen u.ä. objektivieren lässt? Die Rechtsprechung bedient sich hierbei häufig sog. "interdisziplinärer Sachverständigengutachten", bei denen das Maß der erlittenen Beschleunigungskräfte ermittelt wird, die auf den Geschädigten gewirkt haben.

Daneben kommen aber auch weitere Erkenntnismöglichkeiten in Betracht, etwa die Vernehmung des erstbehandelnden Arztes, des vor- und des weiterbehandelnden Arztes und der Familie des Geschädigten zur Frage des Gesundheitszustandes des Geschädigten vor und nach dem Unfall. Die Versicherer wenden regelmäßig ein, dass eine solche Zeugenbefragungen unzulässig seien und untermauern diese Ansicht mit ein paar Hinweisen auf entsprechende Rechtsprechung. Das Schleswig-Holsteinische OLG (Urteil vom 29.06.2007 - 7 U 94/05 - SchlHA 2007, 377, 378) hat nunmehr in einer Entscheidung eine solche Zeugenbefragung von Ärzten, die den Geschädigten vor dem Unfall behandelten, ausdrücklich gebilligt. Ebenso hat es die Befragung von weiteren Zeugen zum Gesundheitszustand des Geschädigten vor und nach dem Unfall (und auch unmittelbar am Unfallort) als zulässig bestätigt und somit die Auffassung der Versicherer negiert.

Ein Prozess über HWS-Verletzungen bleibt also eine aufwendige (und teure) Angelegenheit. In der Regel sind jedoch die Streitwerte demgegenüber recht gering, so dass solche Prozesse häufig völlig unwirtschaftlich für alle Beteiligten sind. Alle Seiten sind daher gut beraten, außergerichtliche Lösungen herbeizuführen.