Donnerstag, August 17, 2006

Immer wieder beliebt: die Stundenverrechnungssätze

Ein beliebtes Thema, bei dem die Versicherer immer noch gerne versuchen, die Ansprüche der Geschädigten kleinzurechnen, sind die Stundenverrechnungssätze bei fiktiver Schadensabrechnung. Denn kleine Hinterhofwerkstätten können natürlich billigere Stundensätze anbieten als etwa eine markengebundene Fachwerkstatt, die schon deshalb deutlich teurer ist, weil sie beispielsweise ihre sämtlichen Mitarbeiter teuer zertifizieren lassen muß und daher ständig viel Geld für Fortbildungsmaßnahmen der Mitarbeiter ausgibt.

Bei Abrechnung auf Gutachtenbasis stellt sich dann die Frage, welcher Stundensatz anzunehmen ist, weil ja offenbar eine Reparatur gerade nicht in einer teuren Fachwerkstatt erfolgt (sonst würde ja für gewöhnlich konkret anhand der Reparaturrechnung abgerechnet werden).

Das AG München (343 C 34380/05) hat entschieden, daß auch bei fiktiver Abrechnung ein Anspruch auf Erstattung der Stundenverrrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt besteht. Es stützt sich dabei auf die Entscheidungen des LG München I (Urt. v. 20.01.2005 - 19 S 11105/04 und v. 27.01.2005 - 19 S 17803/04) und des BGH (VI ZR 393/02), wonach der Geschädigte das Restitutionsgeschehen in der Hand halte, also grundsätzlich sowohl in der Wahl der Mittel als auch in der Verwendung des Schadensersatzes frei ist. Auch bei fiktiver Schadensabrechnung sei als Maßstab das Verhalten eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen anzulegen.

Nach Auffassung des AG München bedeutet dies, daß der Geschädigte sich demnach auf eine ihm ohne weiteres zugängliche gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen muß, jedoch nicht auf die abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemäßen Reparatur in irgendeiner billigeren Fremdwerkstatt.

Zu gut deutsch: billige Fremdwerkstätten bieten nicht ohne weiteres Gewähr für eine technisch ordnungsgemäße Reparatur; ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch bringt sein Fahrzeug daher in eine markengebundene Fachwerkstatt.

Bleibt nur noch das Problem, daß viele Gutachter, insbesondere wenn sie viele Aufträge von der Versicherungswirtschaft erhalten (wie etwa auch die große Gutachterfirma, die mit "D" anfängt), von vornherein sehr günstige Stundenverrechnungssätze annehmen, zu denen kaum eine markengebundene Werkstatt arbeitet. Da hilft dann nur, von vornherein als Geschädigter selbst ein qualifiziertes Gutachterbüro beauftragen, welches die richtigen Verrechnungssätze zugrunde legt.