Mittwoch, Januar 10, 2007

Einsichtsrecht bei Unterlagen der Polizei

Welcher Verkehrsrechtler kennt sie nicht, die abwehrenden Antworten der OWi-Behörde auf Einsichtsgesuche in technische Unterlagen: "Die angeforderten Unterlagen sind nicht Bestandteil der Ermittlungsakte. Es besteht somit kein Anspruch auf Einsichtnahme."
Gerade die technische Überprüfung von polizeilichen Messungen ist ohne die Einsichtnahme in diverse technische Unterlagen, die in der Regel nicht zur Ermittlungsakte gereicht werden, schlechterdings nicht möglich. So kann im Einzelfall die Einsichtnahme in eine Reihe von Unterlagen erforderlich werden, die im Regelfall "unter Verschluß" sind (Eich- und Geräteakte, Eichschein und Bedienungsanleitung des verwendeten Gerätes, Lageplan der Koaxialkabel, Beschilderungsplan, Ampelschaltplan, Ausbildungsnachweise des Meßbeamten, etc.). Das AG Bad Kissingen hat nunmehr klargestellt, daß der Verteidiger Anspruch auf Einsichtnahme in alle Unterlagen hat, die regelmäßig auch dem Sachverständigen vorgelegt werden:
"Der Verteidiger des Betroffenen hat im Rahmen des Bußgeldverfahrens, das eine
Geschwindigkeitsüberschreitung zum Inhalt hat, ein Recht auf Einsicht in alle
Unterlagen, die regelmäßig dem Sachverständigen vorgelegt werden, auch wenn sie
bei der Polizei verwahrt werden und noch nicht Teile der Gerichtsakte sind,
soweit sie zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Einspruchs notwendig sind,
weil sonst das Recht auf rechtliches Gehör verletzt wäre." (AG Bad Kissingen,
Beschl. v. 6.7.2006 - 3 OWi 17 Js 7100/06 = ZfS 2006, 706)

Auch wenn sich das Urteil auf Geschwindigkeitsverstöße bezieht, so gilt dies selbstverständlich auch für alle weiteren Ordnungswidrigkeiten, bei denen ein polizeiliches Meßverfahren überprüft werden muß, um die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels überprüfen zu können. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfaßt auch das Recht auf Einsichtnahme in die vorhandenen technischen Unterlagen.
Ein neuer Textbaustein wurde von mir bereits angelegt...

Montag, Januar 08, 2007

Und noch mal: Stundenverrechnungssätze bei fiktiver Abrechnung

Hier hatte ich schon einmal über das Problem mit den Stundenverrechnungssätzen berichtet. Das AG Rüdesheim/Rhein (Urt. v. 28.07.2006 - 2 C 71/06 (08)) ist dem AG München nun beigetreten. Es hat klargestellt, daß sogar bei älteren Fahrzeugen der Geschädigte auch bei fiktiver Abrechnung Anspruch auf Ersatz der Stundenverrechnungssätze (netto) einer markengebundenen Werkstatt hat.

Ersatz der Reparaturkosten bei fiktiver Abrechnung

Nutzt der Unfallgeschädigte - ggf. unrepariert - das noch verkehrssichere Fahrzeug weiter, ist nicht auf Totalschadens- sondern auf Reparaturkostenbasis abzurechnen (BGH v. 23.05.2006 - VI RZ 192/05).

Da das Integritätsinteresse des Geschädigten Vorrang genießt, darf es nicht dadurch gekürzt werden, daß der Restwert vom Wiederbeschaffungswert abgezogen wird (BGH v. 29.04.2003 - VI ZR 393/02). Da der Geschädigte bei der Weiternutzung den Restwert nicht realisiert, ist dieser lediglich ein hypothetischer Rechnungsposten geblieben und darf daher nicht von der Schadensersatzforderung abgezogen werden (BGH aaO).

Wie der BGH klargestellt hat, muß das Fahrzeug mindestens 6 Monate nach dem Unfall weitergenutzt werden.

Freitag, Januar 05, 2007

Überraschender Korb für die OWi-Behörde

Zur großen Überraschung der OWi-Behörde ist das Verfahren gegen meinen Mandanten vom Gericht folgenlos eingestellt worden. Grund für die Einstellung: Es existiert gar keine Bußgeldvorschrift, gegen die mein Mandant verstoßen hat. Freundlicherweise hat der Richter noch ein paar deutliche Worte für die OWi-Behörde gefunden.